Didaktisches Konzept

Unser didaktisches Konzept basiert auf einem modifizierten Modell des Constructive Alignments nach Biggs und Tang. Zusammengefasst folgen wir den drei übergreifenden Fragen: (1) Was sind die Lernergebnisse oder Lernziele, die in der Lehrveranstaltung erwartet werden? Der Begriff „Lernergebnisse“ beschreibt, was die Studierenden am Ende einer Lerneinheit wissen und was sie können. (2) Welche Art von Lehr- und Lernmethoden sowie Lernaktivitäten werden eingesetzt, um die Lernziele zu erreichen? (3) Wie können wir das Erreichen von Lernzielen und Lernergebnissen am besten durch Prüfungen bewerten?

1. Lernziele

Unsere Lernenden müssen literarische Texte auf der Grundlage eines bestimmten methodischen Apparats diskutieren. Sie machen sich mit diesen Methoden und Denkweisen vertraut, während sie an einer spezifischen literaturgeschichtlichen Aufgabe arbeiten. Wir heben dies hervor, weil es so etwas wie eine „Literaturgeschichte“ nicht gibt. Wir sprechen vielmehr von „Literaturgeschichten“ im Plural. Jede Annäherung an literaturgeschichtliche Prozesse ist geprägt von der Perspektive des Betrachters. Unsere Lernziele sprechen diese sehr grundlegende, aber dennoch kompliziert zu lernende Einsicht an. Wir wünschen uns, dass die Studierenden in der Lage sind:

  1. eine große Textmenge zu lesen, zu analysieren und zu systematisieren
  2. das Material unter Verwendung der fachspezifischen Terminologie zu erschließen
  3. Hypothesen über ästhetische und topologische Veränderungen in der Literaturgeschichte zu formulieren
  4. durch sinnvolle bibliografische Recherchen nach disziplinären Normen zu arbeiten, Forschungsliteratur zu sichten und anzuwenden
  5. in einem disziplinspezifischen und angemessenen Stil zu schreiben
  6. in ihren Studiengruppen kritisch über Literatur zu kommunizieren
  7. zu wissen, wie diese digitalen Werkzeuge in der Literaturwissenschaft eingesetzt werden
  8. ihre eigenen Lernprozesse zu reflektieren.

2. Lehren und Lernen

Aufgabentypen

Die Lehr- und Lernstruktur unserer digitalen Kurse orientiert sich an grundlegenden hermeneutischen Verstehens- und Lernprozessen, die für wissenschaftliches Argumentieren und Forschen grundlegend sind. Zu diesem Zweck werden die Studierenden durch verschiedene Aufgabentypen angeleitet, die auf unterschiedlichen Niveaus angesiedelt sind.

Zunächst geht es darum, das Verständnis der Studierenden für die vorgegebenen Texte sicherzustellen. Umfassende Fragen leiten sie bei der Lektüre an und helfen ihnen, ein Gesamtverständnis der Literatur zu entwickeln. Die Studierenden lenken ihre Aufmerksamkeit auf Schlüsselstellen im Text, die den gewählten thematischen Schwerpunkt des Kurses besonders veranschaulichen. Diese eher kleinteiligen Fragen geben konkrete Hinweise darauf, wie die Studierenden an bestimmte Aspekte der Texte herangehen sollten.

Zweitens versuchen wir, das Grundwissen der Studierenden durch bestimmte Übungen zu vertiefen. Die Übungen ermöglichen es den Studierenden, Grundkenntnisse über historische, ästhetische und/oder methodische Aspekte der von ihnen gelesenen Werke zu erwerben, zu vertiefen und einzuüben. Umfassend orientierte Fragen und Wissensübungen folgen keiner strengen Chronologie. Je nach den Besonderheiten eines bestimmten Textes müssen sich die Studierenden zunächst einige Kenntnisse aneignen, bevor sie mit der Lektüre fortfahren können. Umgekehrt müssen sie sich den Text erst einmal erschließen, bevor sie überhaupt mit einer wissensbasierten Übung fortfahren können. Deshalb werden Übungssequenzen und übergreifende Fragen immer wieder in Interpretations- und Diskussionsaufgaben sowie in kleine Schreibaufgaben integriert (siehe unten).

Drittens: Diskussionsfragen helfen den Studierenden, sich in Gruppen auszutauschen und die Wissenschaftssprache zu üben. Gruppendiskussionen ermöglichen es, verschiedene Perspektiven auf einen Gegenstand zu sammeln. Außerdem erhalten die Studierenden die Möglichkeit, soziale Interaktionen zu pflegen und sich untereinander zu vernetzen.

Viertens zielen interpretierende Fragen darauf ab, die Studierenden anzuleiten, sich von Texten zu distanzieren und sie aus der Perspektive ihres erworbenen historischen, ästhetischen und methodischen Wissens zu analysieren. Interpretierende Fragen können auf angewandtem Wissen aufbauen, um synthetische Kompetenzen zu fördern.

Fünftens: Kleine Schreibaufgaben dienen dazu, die Ergebnisse von Diskussion und Interpretation zu sichern. Sie können unterschiedlichste Formate annehmen (Zeitleisten, andere Formen der Visualisierung, Blogeinträge usw.). Im Allgemeinen weisen sie auf die Vernetzung der einzelnen Aspekte hin, die zuvor isoliert wurden. Außerdem üben die Schüler das Schreiben auf akademischem Niveau. Diese Aufgaben bereiten sechstens auf größere Schreibaufgaben wie Aufsätze oder Referate vor, in denen die Studierenden nachweisen können, dass sie nun in der Lage sind, eine originelle Idee in Bezug auf das Material, das sie im Kurs bearbeitet haben, zu präsentieren.

Medientypen

Der Wechsel der Medien hilft verschiedenen Lerntypen, die großen Mengen an Texten und Aufgaben zu verarbeiten. Wir kombinieren daher analoge und individuelle Lektüre mit digitalen Elementen und kollaborativen Aufgaben. Um den Medieneinsatz fokussiert zu halten, orientieren sich die digitalen Elemente an der Idee des Microlearning. Mit einem klaren Instruktionsdesign werden Medien eingesetzt, um die Studierenden in die Lage zu versetzen, komplexe Probleme in kleinen Lerneinheiten zu lösen.

Primärquellen. Die historischen Texte, die wir für unsere Kurse ausgewählt haben, gehören überwiegend, aber nicht ausschließlich zum Kanon der deutschen Literaturgeschichte. Obwohl die Problematik nicht-diversifizierter Curricula in unserem Fach heftig diskutiert wird, werden die meisten unserer Studierenden den Kanon als Lehrende vermitteln müssen. Tatsächlich stellen wir fest, dass die Bachelor-Studenten, die in unsere Studiengänge eintreten, kaum mit kanonischen Texten vertraut sind. Wir sind jedoch der Meinung, dass die Studierenden wissen sollten, was der Kanon eigentlich ist, um ihn umzukehren und zu bereichern. Die Vertrautheit mit einem kanonischen Text und die Fähigkeit, ihn in eine Geschichte ästhetischer Formen und gesellschaftlicher Machtstrukturen einzuordnen, sind beispielsweise die Voraussetzungen dafür, dass die lange etablierten Konventionen der Literaturgeschichtsschreibung in Frage gestellt werden. Um eine solche kritische Perspektive zu gewährleisten, werden alle Kurse von kritischen Stimmen begleitet und Lektüren angeboten, die dominante historische Narrative in Frage stellen.

Videos. Wir nutzen Video-Input, um fachliche Debatten über die Themen der Kurse einzuführen. Darüber hinaus werden in Kurzvorträgen historische und wissenschaftliche Zusammenhänge behandelt. Obwohl die Lektüre von Forschungsliteratur zu den Übungen der Kurse gehört, kann sie nur in sehr ausgewählter Form erfolgen, da die Studierenden bereits einen großen Teil der theoretischen Lektüre bewältigen müssen. Video-Inputs sollen diese Lücke ein Stück weit schließen.

Audios. Unsere kurzen Audioaufnahmen dienen sehr unterschiedlichen Funktionen. Die Beispiele reichen von der Erläuterung metatheatrischer Strukturen in Friedrich Schillers „Maria Stuart“ über die Beschreibung anderer Versionen des Herrmann-„Mythos“ im Drama jenseits von Heinrich von Kleists „Herrmannsschlacht“ bis hin zur Unterscheidung verschiedener Darstellungsweisen in literarischen und nichtliterarischen Texten.

Bilder werden vor allem zur Veranschaulichung der zeitgenössischen Rezeption der Lektüreaufgaben verwendet. Darüber hinaus präsentieren wir Abbildungen von Handschriften und Erstdrucken. Neben dem didaktischen Aspekt erhellen Bilder die reine Textoberfläche und passen sich den Lesegewohnheiten in einer digitalen Umgebung an.

Interaktive Formate. Während die Foren und andere digitale Medienformate auch als „interaktiv“ bezeichnet werden können, beschreibt dieser Abschnitt unsere H5P-Formate. H5P ist ein quelloffenes und kostenloses Werkzeug, um Präsentationen, interaktive Videos, Quizze oder Bilder mit interaktiven Elementen anzureichern. Wir verwenden es hauptsächlich, um zusätzliches deklaratives Wissen zu präsentieren. Zum Beispiel können Studierende philologische Bearbeitungsprozesse eines handschriftlichen Manuskriptes durch das Tool „image juxtaposition“ nachvollziehen. Mit Hilfe dieses interaktiven Inhalts können die Studierenden zwei Quellen einer Edition übereinanderlegen und sie genau vergleichen.

3. Prüfung

Wie bereits erwähnt, gibt es in jedem Kurs verschiedene Arten der Bewertung der Bemühungen der Studierenden. Zusätzlich zu diesen kleineren Aufgaben haben wir auch Übungen eingebaut, die auf eine allgemeine Überprüfung der Lernergebnisse abzielen, wie sie in unserem Fachgebiet üblich ist. Schreibaufgaben kombinieren „deklaratives“ und „prozedurales Wissen“ auf verschiedenen Strukturebenen. Die Studierenden sollen nicht nur in der Lage sein, gelerntes Wissen zu rekapitulieren (deklarativ), sondern auch in der Lage sein, dieses Wissen zu reflektieren und mit anderen Texten und Modellen, denen sie im Laufe des Kurses begegnet sind, in Beziehung zu setzen (prozedural).

Daher werden die Studierenden am Ende des Kurses dazu angehalten, zwei von drei größeren schriftlichen Aufgaben zu bearbeiten. Wir erwarten von den Studierenden, dass sie sich auf mehrere im Kurs behandelte Lektüren und Forschungsfragen stützen. Auf diese Weise können sie zeigen, dass sie in der Lage sind, Veränderungen und Tendenzen in der Literaturgeschichte zu erkennen und diese in einer disziplinär angemessenen Weise zu skizzieren. Wir liefern auch einige beispielhafte Ansätze, die den Studierenden ein erstes Feedback geben, bevor die Lehrenden einen vertieften Kommentar abgeben.