Medien des Erzählens
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Hier erhalten Sie einen Überblick über die Erscheinungsmedien und Gattungen der Prosa des 19. Jahrhunderts.
Die folgenden Videos und Gattungspodcasts bieten Ihnen einen optimalen Einstieg in die Arbeit mit dem aktuellen Textpaket.
Die Videos finden Sie unterhalb des nachfolgenden Textabschnitts, der die Inhalte der Videos kurz zusammenfasst.
Medien des Erzählens
Erzählungen kommen im Laufe des 19. Jahrhunderts in vielfältigen Medien und Publikationsformen vor. Die neuen Produktions-, Kommunikations- und Distributionsbedingungen bringen neben den ‚klassischen‘ Gattungen neue ‚moderne Genres‘ hervor, es kommt zu „ästhetischen Formerweiterungen und Wertungsverschiebungen“ (Norbert Eke: Mediale Formerweiterungen. Zeitungen, Zeitschriften und Journale). Im Video zu Zeitungen, Zeitschriften und Journalen erläutert Norbert Eke, wie sich die „Medien des Erzählens“ (z.B. Kalender, Anthologien, Taschenbücher, Zeitschriften, Journale und Erzählsammlungen) und damit die Erzählformen und -praktiken insgesamt weiter ausdifferenzieren.
Zeitungen, Zeitschriften und Journale
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erscheinen immer mehr Unterhaltungs- und Familienblätter („Die Gartenlaube“, „Illustrirte Welt“, „Über Land und Meer“ u.a.), deren serielle Formate in fortlaufenden Medien zu veränderten Erzählbedingungen und ästhetischen Formen beitragen: wie Spannungsbögen, technisch bedingte Textlängen, die Serialität der Narration, Leserbindung und Episodenhaftigkeit.
Primärtexte (das jeweilige Erscheinungsmedium steht in Klammern dahinter):
Heinrich v. Kleist: „Das Erdbeben in Chili“ (Morgenblatt für gebildete Stände)
Georg Weerth: „Schnapphanski“ (Neue Rheinische Zeitung)
Eugenie Marlitt: „Die zwölf Apostel“ (Die Gartenlaube)
Georg Büchner: „Lenz“ (Telegraph für Deutschland)
Gerhart Hauptmann: „Bahnwärter Thiel“ (Die Gesellschaft)
Marie v. Ebner-Eschenbach: „Er lasst die Hand küssen“ (Spemann’s Illustrierte Zeitschrift für das deutsche Haus)
Theodor Storm: „Der Schimmelreiter“ (Deutsche Rundschau)
Louise Otto: „Die Lehnspflichtigen“ (Frauen-Zeitung)
Sammlungen mit Werkcharakter
In diesem Video leistet Anne-Rose Meyer eine Differenzierung der Begriffe ‚Werk‘, ‚Sammlung‘ (von Texten einer/s Autors/in vs. verschiedener Autor:innen) bzw. ‚Anthologie‘ und des populären ‚Kalenders‘, der beispielsweise nützliche Tipps und Hinweise für den Alltag enthielt und dem daher eine hohe soziale Bedeutung zukam. Demgegenüber stellt sie die ‚Textsammlung mit Werkcharakter‘ vor, deren „erzählerisches Programm“ sie verbindet.
Sammlungen mit Werkcharakter:
Jacob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen
E.T.A. Hoffmann: Die Serapionsbrüder
Almanache und Taschenbücher
Erzählungen konnten im Zeitalter der Massenproduktion in verschiedenen Kontexten, Neuauflagen, Erzählsammlungen und Arrangements zweit- oder mehrfach verwertet werden. Matthias Buschmeier klärt darüber auf, dass die populären Musen-Almanache neben literarischen Kalendern und Jahrbüchern Medien der geselligen Unterhaltung, aber auch Ausdruck einer elitären Hochkultur sein konnten.
Primärtext (Erscheinungsmedium in Klammern):
E.T.A. Hoffmann: „Bergwerke zu Falun“ (Die Serapionsbrüder)
Märchen
Märchen als Gattung weisen spezifische Kriterien auf: Ihre Texte sind kurz, sie werden häufig mündlich und schriftlich verbreitet und haben moralisch-erzieherische Funktionen. Die Motive von Märchen kreuzen verschiedene Zeiten, Räume und Kulturen und ihre Quellen können nicht immer eindeutig zugeordnet werden. Die Forschung, so betont Anne-Rose Meyer, stellt inzwischen die mündliche Tradierung der Grimmschen Märchen und deren Abstammung aus dem eher deutschen Raum in Frage.
Primärtexte (Erscheinungsmedium in Klammern)
Jacob und Wilhelm Grimm: „Die zertanzten Schuhe“ (Kinder- und Hausmärchen)
Sophie Tieck: „Das Vögelchen“ (Wunderbilder und Träume in elf Märchen)
Novelle
Die Novelle hat, wie jede Gattung, schon verschiedene Klassifizierungen aufgrund von Gattungsmerkmalen über die Zeit durchlaufen. Die „Anerkennung der Novelle als eigenständige epische Form [ist] nicht unumstritten“ (s. Gattungspodcast zur „Novelle“ von Norbert Eke). Relativ konstante, aber auch etwas unspezifische Merkmale und Kriterien, wie etwa eine mittlere Länge oder das Implizieren einer ‚Neuigkeit‘ in der Folge von Goethes Novellentheorie, aber auch weitere Formkriterien wie Erzählordnung und -instanz oder medienpraktische Aspekte fasst Norbert Eke für ihre Bestimmung zusammen.
Primärtexte (Erscheinungsmedium in Klammern):
E.T.A. Hoffmann: „Bergwerke zu Falun“ (Die Serapionsbrüder)
Gottfried Keller: „Kleider machen Leute“ (Die Leute von Seldwyla)
Theodor Storm: „Der Schimmelreiter“ (Deutsche Rundschau)
Annette von Droste-Hülshoff: „Die Judenbuche“ (Deutscher Novellenschatz)
Dorfgeschichte
Die Schwierigkeiten einer Gattungsdefinition der „Dorfgeschichte“ erläutert Tanja Angela Kunz in ihrem Videopodcast „Die Gattung der Dorfgeschichte“. Sie grenzt Dorfgeschichten von Dialekt- und Heimatdichtung sowie Volkserzählung ab. Neben ländlicher Idylle und dörflichem Milieu zeichnen sie sich durch eine Aufwertung des Bauernstands, sozial-ökonomische Skizzen und im Zuge der Vormärz-Revolution auch durch politische Funktionen aus.
Primärtext (Erscheinungsmedium in Klammern):
- Louise Otto: „Die Lehnspflichtigen“ (Frauen-Zeitung)
Erscheinungsmedien:
Gattungen: